Zu Gast
Wir sind nur Gäste dieser Erde
und unsre Zeit ist sehr beschränkt
und jeder hofft, dass daraus werde
das große Los - von ihm gelenkt.

Wir setzen alles in Bewegung,
wir tun als hört es niemals auf
und hoffen auf die große Segnung
und auf den schönsten Lebenslauf.

Und diese dreißigtausend Tage,
die man gelebt - bevor man Greis,
sie sind der Erde reinste Plage,
denn sie allein bezahlt den Preis.

Genügsamkeit war nie die Tugend,
das große Schlemmen war ein Ziel
und das begann schon in der Jugend,
ich kriege ALLES - hieß das Spiel.

Man wollte alles möglichst doppelt,
ein Haus am Berg - ein Haus am Meer
und daran ward noch schnell gekoppelt
das ganze Land - so ringsumher.

Er fuhr die heißesten Boliden,
die weiße Yacht - millionenschwer,
so ward ihm Lob und Ehr beschieden,
so war er nie ein Irgendwer.

Er sah fast nie die beiden Villen,
er schaute selten auf das Meer,
er hatte zwar den festen Willen,
doch die Verpflichtung schrie nach mehr.

Er musste ständig Geld verdienen,
der Wohlstand hatte seinen Preis,
ihm mussten tausend Menschen dienen,
so schloss sich dann für ihn der Kreis.

Für dieses Leben starben Wälder
und aus der Erde barg man Erz,
er konnt' verschwenden all die Gelder,
bei jedem Coup - da lacht sein Herz.

Er lebte keine 60 Jährchen
und hatte nie für etwas Zeit,
dass er gelebt – das ist ein Märchen,
dass er nun ging, ist Wirklichkeit.

Er schuf der Erde große Wunden,
er hatte mehr, als er gebraucht,
er hat das Glück doch nicht gefunden,
sein Schornstein hat umsonst geraucht.
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Ender-Lyrik / Zeitgeist
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Fotos & Gedichte: © Klaus Ender
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